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Soziale Innovationen im Alltag

Soziale Innovationen sind viel häufiger als wir denken. Im Gegensatz zu technischen Innovationen sind sie nur nicht immer so einfach zu erkennen. Deswegen nehme ich Sie und euch (ich bin so frei) mit in meinen Alltag, um Soziale Innovationen darin zu entdecken!

Soziale Innovationen umfassen neue soziale Praktiken und Organisationsmodelle, die darauf abzielen, für die Herausforderungen unserer Gesellschaft tragfähige und nachhaltige Lösungen zu finden. Soziale Praktiken können hierbei im Zusammenhang mit neuen Prozessen, Verfahren, Verhaltens- und Handlungsmustern stehen.

Soziale Innovationen verändern also zum Beispiel, wie Menschen Fortbewegungsmittel nutzen (Car-Sharing), wie sie weniger Plastikmüll verursachen (Unverpackt-Läden) oder in der Stadt Grünflächen nutzen (Urban Gardening). Damit bewähren sich Soziale Innovationen über die Zeit und werden in Teilen oder in der gesamten Gesellschaft angenommen. Sie können unzureichende Lösungsansätze und Programme ersetzen oder sie ergänzen diese sinnvoll. Damit tragen sie dazu bei, soziale wie auch ökologische Herausforderungen auf innovative Weise zu lösen.

Für eine ausführliche Diskussion zu den Möglichkeiten und Potenzialen von Soziale Innovationen finden sich hier weitere Informationen.

(M)Ein Tag mit Sozialen Innovationen

Hand aufs Herz: Wer braucht auch einen Kaffee am Morgen, um so richtig gut in den Tag zu starten? ☕ Ich hole mir diesen aus Zeitgründen meistens auf dem Weg zum Co-Working Space, wo ich momentan an meiner Gründungsidee arbeite. Wie gut, dass mein koffeinhaltiges Heißgetränk im RECUP-Mehrwegbecher daherkommt und ich somit nicht nur Verpackung spare, sondern auch – dem Berliner Hipster-Klischee entsprechend – schnell und effizient Fahrtweg mit Genuss verbinden kann. Praktisch ist außerdem: Da sich diese Soziale Innovation mittlerweile so gut etabliert hat, kann man die Becher in sehr vielen Gastronomien wie Cafés, Bäckereien etc. zurückgeben und das Mehrwegsystem hat sich auf die Schalen REBOWL ausgeweitet. 

Zum geliebten Heißgetränk kaufe ich mir noch ein Mineralwasser von Viva con Agua und einen Müsliriegel von Share, beides Produkte von Social Startups. Das süße Frühstück hilft mir nicht nur Kalorien und Energie zu gewinnen, sondern unterstützt durch die im Kaufpreis enthaltene Spende soziale Projekte.

Ihr möchtet mehr zu unterschiedlichen Geschäftsmodellen erfahren? Dann lest hier weiter!

Zusammen mit Partnerorganisationen konzentriert sich Share auf die Förderung der vier Grundbedürfnisse: Trinkwasser, Nahrung, Hygiene und Bildung. Ähnlich ist es auch beim Kauf einer Wasserflasche von Viva con Agua, die sich durch Lizenzeinnahmen und positiven Aktivismus für den Zugang zu sauberem Trinkwasser, Sanitärversorgung und Hygiene einsetzen. (M)Ein perfekter Morgen – ganz im sozial-innovativem Sinn! 

Coworking Space Recup

Wenn ich nach dem Koffeinkick mit Carsharing oder meinem Leihrad mit blauen Rädern (in das Repair Café habe ich es gestern leider wieder nicht geschafft) zu meiner Bürogemeinschaft fahre, nutze ich gleich zwei Soziale Innovationen. Beide sind aus unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und kombinieren nachhaltige und soziale Vorteile. In beiden Fällen muss ich mir als Nutzer:in kein eigenes Fortbewegungsmittel oder Büro kaufen beziehungsweise mieten, sondern spare durch das Teilen mit anderen Personen Kosten und Ressourcen wie Strom, Raum und Material (und bin im besten Fall noch in guter Gesellschaft). 

Soziale Innovationen im Job

Über die Erfindung des Co-Working bin ich wirklich sehr froh, da ich hier weniger prokrastiniere und mehr Austausch erfahre. Nach diversen Meetings und Schreiben an hoffentlich inspirierenden Blogposts spreche ich mich mit anderen kreativen Menschen im hauseigenen Café über aktuelle politische Entwicklungen und finanzielle Herausforderungen als angehende Sozialunternehmerin. Jemand erzählt von einer interessanten Petition auf der Plattform change.org: Hier starten Menschen weltweit Kampagnen, mobilisieren Unterstützer:innen und arbeiten mit Entscheidungsträger:innen zusammen, um gemeinsam Lösungen zu finden. Noch nie war es so leicht, sich politisch zu engagieren und durch Bürgerbeteiligung auf einer Plattform zivilgesellschaftlichen, unternehmerischen oder privaten Interessen z.B. als Verbraucher:in eine Stimme zu geben.  

Das Bedürfnis die Welt zu verändern oder zumindest ein bisschen besser zu machen, eint viele der Personen, die meinen Arbeitsplatz teilen. Viele arbeiten für soziale oder nachhaltige Projekte oder befinden sich wie ich im Gründungsprozess. Neben gemeinsamen Idealismus teilen wir oft auch die Suche nach finanzieller Förderung beziehungsweise Starthilfen. Crowdfunding-Plattformen wie Startnext oder GoFundMe helfen dabei, Projekte im Bereich Kultur, Aktivismus, Nachhaltigkeit oder Sozialunternehmen durch eine gemeinsame Finanzierung zu realisieren. Ich selbst habe schon ein paar Kampagnen und Ideen unterstützt und es sind daraus spannende Bücher, Musikalben oder Getränke entstanden.

Mehr Infos zum Thema Finanzierung und Förderung gibt es hier!

Abseits von finanziellen Unterstützungsangeboten nutze ich in meinem Alltag Wissensdatenbanken wie Wikipedia oder Computerprogramme, die oft Open Source Software sind wie der Browser Mozilla Firefox oder die Microsoft-Alternative OpenOffice. Der Code wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, so dass ihn jede:r anzeigen und verändern kann. Soziale Innovationen können also auch technikbasiert sein, wie etwa die Online-Suchmaschine Ecosia, mit deren Gewinnen ökologische Ziele verfolgt und Bäume gepflanzt werden. Aus meinem Alltag sind sie beruflich und privat nicht mehr wegzudenken! 

Soziale Innovationen in der Freizeit

Nach getaner Arbeit möchte ich das sommerliche Wetter noch etwas genießen und spaziere durch die Beete des Urban Gardening im Tempelhofer Feld in Berlin. Wie schön, dass ich nicht nur die vielen städtischen Parkanlagen genießen kann, sondern Bewohner:innen der Stadt gemeinsam ihre Umwelt gestalten können. So werden Brachflächen sinnvoll genutzt, die Gemeinschaft und der Austausch gefördert, der Gartenbau und Natur wird im urbanen Raum erlebbar gemacht und wir können uns alle an selbst angepflanzten Gemüse, Blumen und mehr Biodiversität erfreuen. 

Tempelhofer Feld © Nic Simanek
Tempelhofer Feld © Nic Simanek

Beim Spaziergang und schönsten Sonnenuntergang habe ich leider vergessen, dass in meinem Kühlschrank und Bauch gähnende Leere herrscht. Mit der App Too Good To Go hole ich mir unterwegs preiswert einen gesunden Salat und rette Lebensmittel vor dem Wegwerfen und beuge somit der Lebensmitttel-Verschwendung etwas entgegen. Das schmeckt mir also doppelt gut!  

Noch mehr würde ich die Aussicht und mein improvisiertes Feinschmecker-Picknick allerdings zu zweit genießen. Ich beschließe auf Nebenan.de (eine Plattform für lebendige Nachbarschaft) meine Freizeit mit einem Hund zu teilen, den ich nebenbei Gassi führe – das kommt meiner und seiner Gesundheit zugute, so dass ich meine 10.000 Schritte pro Tag ruhigen Gewissens entgegen s/gehen kann. Ihr seid keine Tierliebhaber:innen? Kein Problem: Viele meiner Freund:innen engagieren sich zum Beispiel im Ehrenamt bei der Tafel, die Lebensmittel rettet und armutsbetroffenen Menschen hilft.

Ihr wollt mehr zu Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements wissen? Dann empfehle ich euch die Plattform vostel.de oder das Angebot der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt.

Soziale Innovationen für Familien & Frauen

Als Frau (Vollzeit), angehende Gründerin (Teilzeit!) und Mutter (gefühlt und real immer) führe ich eine Familie mit Kind (40h + unbezahlte Überstunden, Nachtschichten und Wochenend- sowie Feiertagsarbeit). Mein Kind kann ich mir finanziell auch „leisten”, weil ich existenzielle Grundsicherungen wie eine Sozialversicherung habe (eine Soziale Innovation, die Ende des 19. beziehungsweise zum Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden ist) oder Unterstützung wie das Kindergeld erhalte. Arbeiten kann ich als Elternteil, weil es den Kindergarten gibt, auch wenn dieser – gerade in Großstädten – von Anfragen überhäuft wird. Wir wissen alle: Es gibt zu viel Nachfrage und zu wenig Angebot. Ich hatte Glück und kann mein Kind in der Nähe unseres Wohnortes betreuen lassen und mich versuchen nebenbei selbständig zu machen – natürlich auch das in Teilzeit! 😉 

Apropos Kinder: Das Thema Kinderplanung durch Verhütungsmittel ist in meinen Augen eine Soziale Innovation beziehungsweise Revolution, die theoretisch allen Menschen helfen könnte, bewusste Entscheidungen in Bezug auf ihre Familienplanung zu treffen (zum Beispiel mithilfe von nachhaltig produzierten Kondomen von Einhorn). Dieses Purpose Unternehmen in Verantwortungseigentum produziert ebenfalls nachhaltige Hygieneprodukte wie Menstruationstassen. Die helfen nicht nur Wegwerfprodukte zu reduzieren, sondern können für Mädchen echte Gamechanger in Sachen Bildung und Gesundheit sein. In vielen Ländern ist Menstruation noch ein Tabuthema und Mädchen sind während ihrer Periode verhindert, in die Schule zu gehen, weil sie keinen Zugang zu (sauberen) Hygieneprodukten haben.  

Wer mehr dazu wissen möchte, kann hier weiterlesen oder auch spenden.

Wenn wir schon von Kindern und Menstruation sprechen, darf natürlich eines meiner weiteren wichtigsten Hobbies laut Fashionindustrie nicht fehlen: genau – ihr merkt hoffentlich, ich meine das alles ironisch – aber es läuft aufs „Shoppen” hinaus. Auch wenn ich es mit Humor betrachte und schreibe, ist Kleidung (nachhaltig produziert – versteht sich) für mich als modeaffiner Mensch ein Ausdruck meiner Persönlichkeit. Natürlich orientiere ich mich (wie viele anderen auch) an aktuellen Trends, was dem Anspruch des individuellen Ausdrucks etwas widerspricht, aber wir sind ja alle Kinder unserer Zeit. Die Folge von Fast Fashion sind Überkonsum und Überproduktion, wir kennen die Konsequenzen dieses Kreislaufs. Kleidertauschbörsen und Umsonstläden (oder On-Demand-Fashion) sind dagegen eine tolle Möglichkeit, nicht nur kurzlebige Kinderkleidung zu wechseln sowie Geld und Ressourcen zu sparen. Außerdem kommt man beim Second-Hand-Handel (analog auf dem Flohmarkt oder digital bei Ebay) in Kontakt mit anderen Menschen.  

Und gerade soziale Begegnungen und Austausch wünschen sich viele Menschen in ihrem Alltag oder Wohnort: Mehrgenerationenhäuser sind ebenfalls eine Soziale Innovation, die früher aus Platz- und Geldnot selbstverständlich gelebt wurde und es nun auch Personen ermöglicht, die keine familiären Beziehungen untereinander pflegen, Zeit, Raum und Erfahrung zu teilen – wie in einer Großfamilie, mit allen Vor- und Nachteilen. 

Mehr Informationen zu Mehrgenerationenhäuser gibt es hier.

Wohlverdient: sozial-innovativer Feierabend

Da ich abends meistens weniger Energie habe und mich über lebensvereinfachende Lösungen wie Listen und weiterführende Links freue, habe ich hier noch ein paar Tipps für einen entspannten Feierabend mit Sozialen Innovationen, sozialen Unternehmen oder einfach guten Ideen für euch zusammengestellt:

  • Feierabendbier mit Quartiermeister: Mit jedem Bier fördert ihr soziale Projekte in der Region – na denn, Prost! 
  • Lemonaid oder Charitea für weniger süße, alkoholfreie Erfrischung – hier werden mit dem Verkauf der fair gehandelten Erfrischungsgetränke Projekte der Entwicklungsarbeit unterstützt. 
  • Wer frisches Obst und ein wenig Abenteuer im Großstadt-Dschungel liebt, der kann mit der Plattform Mundraub essbare Landschaften entdecken und nutzen! 
  • Nicht nur für Bücherwürmer und Leseratten, auch für Sparfüchse geeignet: In öffentlichen Bücherschränken neue Inspiration finden und gelesene Bücher ausmisten! 
  • In Repair Cafés zum Beispiel doch mal das alte Fahrrad reparieren, anstatt ein neues zu kaufen. Wenn nicht, freuen sich natürlich die vielen Einzelhandel-Fahrradläden über eure Unterstützung und den Einsatz ihrer Expertise!  
  • Oder ihr lernt eure Stadt mit einer Führung wie Querstadtein aus einer komplett anderen Perspektive sehen, zum Beispiel von Menschen, die in Obdachlosigkeit leben.
  • Am besten ist, ihr klappt euren Computer zu und bewegt euch ein bißchen draußen – es müssen ja keine 10.000 Schritte sein. Spiel und Spaß entdecke ich seit kurzem generationsübergreifend beim Outdoor Fitness oder noch lieber beim Ping Pong!

Das ist kein wissenschaftlicher Artikel zu Soziale Innovationen, sondern meine persönliche Perspektive, um spielerisch einen Einblick in das Thema zu geben.

Constanze Heber, Frau mit roter Bluse lächeln und Recup-Becher vor heller Wand

Constanze Heber

Kommunikation bei der Plattform für Soziale Innovationen