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Die „Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen“ – ein Meilenstein der Innovationspolitik  

Wir stehen vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen – Klimawandel, künstliche Intelligenz, Integration und viele andere – die neue, innovative Lösungsmodelle erfordern. Wir brauchen neue Produkte, neue Serviceangebote, neue Instrumente, neue Methoden und neue Formen der Kollaboration zwischen Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft, um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen meistern zu können.  

Um neue Lösungsmodelle entwickeln und implementieren zu können, bedarf es fördernde Rahmenbedingungen, der Stärkung von gemeinwohlorientierten Startups und Unternehmen und finanzielle Unterstützung für die Entwicklung und Umsetzung von neuen erfolgversprechenden Konzepten. Es bedarf einer gezielten Förderung von Sozialen Innovationen.  

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag die Erarbeitung einer „Nationalen Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen“ (SIGU) festgelegt. Die Strategie wurde unter der Federführung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erarbeitet und im September 2023 von der Bundesregierung beschlossen. Sie formuliert in sieben Leitlinien und elf Handlungsfeldern die wesentlichsten Ziele und Maßnahmen, die zu einer Stärkung des Ökosystems zur Entwicklung von Sozialen Innovationen beitragen und einen verbesserten Zugang zur finanziellen Unterstützung für gemeinwohlorientierte Unternehmen gewährleisten sollen. Alle demokratischen Parteien im Bundestag haben die Verabschiedung der Nationalen Strategie – natürlich mit gewissen Abstrichen, wie es sich für Oppositionsparteien gehört – positiv bewertet. In der Tat ist die Verabschiedung dieser Strategie ein Meilenstein für die Innovationspolitik in Deutschland.  

Wenn wir bisher von Innovation sprachen, war ganz selbstverständlich von rein technischen Innovationen die Rede. Die Förderung von Sozialen Innovationen war bisher kein Bestandteil der deutschen Förderpolitik und dies obwohl deren reale Bedeutung gerade in den letzten 10 Jahren enorm angestiegen ist. Damit soll jetzt aber Schluss sein. Die Bundesregierung hat erkannt, dass die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft nicht ohne Innovationen auskommen kann, die sich zuallererst genau diesen Zielen verschreiben: Nachhaltigkeit, Chancengleichheit und sozial-ökologische Gerechtigkeit sowie gesellschaftliche Verantwortung für diejenigen, die Hilfe benötigen. Damit setzt die SIGU dort an, wo Stiftungen und Corporate-Social-Responsibility-Abteilungen mit ihrem finanziellen Engagement als Pioniere und langjährige Förderpartner von gemeinwohlorientierten Unternehmen die Grundlagen gelegt haben.  

70 Maßnahmen zur Förderung von Sozialen Innovationen  

Die SIGU will vieles auf den Weg bringen. Sie beinhaltet 70 Fördermaßnahmen und weitere sollen folgen. Ein wesentliches Anliegen besteht darin, die Gründungs- und Skalierungsbedingungen von sozial-innovativen und gemeinwohlorientierten Unternehmen zu verbessern. Hier sollen vor allem passgenaue Finanzierungs- und Förderinstrumente angeboten und entwickelt werden. Im ersten Schritt werden die Förderprogramme geöffnet, die bisher nur technischen Innovationen zugänglich waren, dazu gehören unter anderem auch Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Das Gesamtvolumen der nun zusätzlich möglichen Fördermittel beträgt in etwa 1 Milliarde Euro.   

Mit der Öffnung des „INVEST“ Zuschuss Programm für Wagniskapital möchte die Bundesregierung gemeinwohlorientierte Unternehmen dabei unterstützen, Fremdkapitalgeber:innen zu finden, denn das Programm bietet steuerliche Anreize für potenzielle Investor:innen. 

Auch das EXIST-Women-Programm ist nun offen für gemeinwohlorientierte Gründer:innen. Somit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Frauen bei gemeinwohlorientierten Gründungen überdurchschnittlich vertreten sind. 

Das Programm Gesellschaft der Innovationen fördert durch eine Impact Challenge frische sozial-innovative Ideen von Studierenden, Doktorand:innen und Postdocs an Hochschulen für die Anwendung und Skalierung in der Praxis.  

Ein ganz großer Wurf im Handlungsfeld Finanzierung könnte sich durch die Nutzung sogenannter verwaister Konten ergeben. Nach dem Vorbild des Vereinigten Königreichs (die diesen Schritt bereits 2010 gingen) plant die Bundesregierung dabei die Gelder von verwaisten (oder nachrichtenlosen) Konten für einen Social Impact Fund zu nutzen und damit Milliarden in den wirkungsorientierten Sektor zu investieren.   

In diesem Kontext könnte die „Taskforce Soziale Innovationen“ eine besondere Bedeutung erlangen. Sie arbeitet daran, neue und sektorspezifische Finanzierungsinstrumente zu entwickeln und auf den Weg zu bringen.    

Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld ist die Förderung von Genossenschaften. Hier wird darüber nachgedacht, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden können, zudem soll ein Reallaborgesetz auf den Weg gebracht werden und gemeinwohlorientierten Unternehmen sollen durch einen vereinfachten Zugang an öffentlichen Vergaben unterstützt werden. 

Auch eine verstärkte Förderung der Kompetenzentwicklung der Akteur:innen im Sektor und die Stärkung der Vernetzung untereinander, wie auch mit anderen Sektoren ist ein großes Anliegen der Bundesregierung. Mit dem Förderprogramm „REACT with impact“ wurden erste Maßnahmen umgesetzt. Geplant ist aber auch die Kompetenzentwicklung von Berater:innen und der Aufbau von Innovations- und Gründungszentren.   

Von besonderer Bedeutung für die Vernetzung der Akteur:innen ist die Plattform für Soziale Innovationen. Sie informiert, vernetzt und befähigt im Auftrag der SIGU Sozialinnovator:innen, Förder- und Finanzpartner:innen sowie Hochschulakteur:innen, damit sie ihre Ziele und Potenziale künftig noch besser in die Tat umsetzen können. Der Förderfinder macht Förder-, Finanzierungs- und Unterstützungsmöglichkeiten transparenter und die Welt der Wirkungstools und Wirkungsanalyse verständlicher.  

In absehbarer Zeit wird die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) ihre Arbeit aufnehmen. Ziel der DATI ist es neues Wissen aus der Forschung und innovative Ideen schneller in die Umsetzung zu bringen. Hierfür sollen Transfernetzwerke aufgebaut werden.  

Hier wird deutlich, dass die Strategie Forschung und Wissenschaft systematisch im Blick hat. Soziale Innovationen sollen auch im universitären Umfeld eine höhere Bedeutung erlangen. Wesentliches Ziel ist es die Datengrundlage zu verbessern, um die Wirksamkeit und Akzeptanz von Sozialen Innovationen und gegenüber gemeinwohlorientierten Unternehmen zu verbessern.  

Um Soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen gezielt zu stärken und um die Regierungsaktivitäten besser mit denen der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft, der Wirtschaft sowie des Kapitalmarktes zu verbinden, wird die Bundesregierung Möglichkeiten und Strukturen für den sektorübergreifenden Austausch und zum gemeinsamen Handeln schaffen. Hierbei wird sie die relevanten Stakeholder einbinden, Kompetenzen bündeln und deren Expertise zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategie nutzen.  

(Ausblick der Bundesregierung vom 29.09.2023)

Die SIGU muss sich an ihrem Erfolg messen lassen  

Die Nationale Strategie könnte auch eine Signalwirkung haben für Programme der Länder und der Kommunen. Die dargestellten Programme und Maßnahmen sind essentiell für die Stärkung des Ökoystems für Soziale Innovationen. Sie können jedoch nur einen Anfang darstellen, da es sich bei der Mehrheit der Programme, um solche handelt, die sich bei ihrer Konzeption nicht explizit an dem Bedarf von Sozialen Innovator:innen orientierten. Basierend auf den Grundgedanken der SIGU müssen nun weitere passgenaue Förderprogramme und Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die zur Stärkung des Sektors beitragen.  

Wie erfolgreich die SIGU umgesetzt werden kann und wie ihre Maßnahmen wirken, muss sich noch erweisen. Für eine objektive Einschätzung bedarf es der Entwicklung und Einführung von messbaren Indikatoren. Darauf können wir gespannt sein.  

Es gab aber nicht nur Zuspruch für die SIGU. Kritik kam vor allem aus Kreisen der Wohlfahrt, die in Teilen ein Spannungsverhältnis zwischen Gemeinwohlorientierung und Gemeinnützigkeit sehen und bemerken: Der Fokus liege auf einem Sozialen Unternehmertum außerhalb der freien Wohlfahrtspflege. Die SIGU vernachlässige damit die Belange und Bedarfe des sozialen Sektors, insbesondere der freien Wohlfahrtspflege.  

Fazit: Die SIGU trägt dazu bei Soziale Innovationen und gemeinwohlorientierten Unternehmen die Bedeutung zuzuweisen, die sie für unsere Gesellschaft haben. Sie setzt maßgebende Impulse und trägt damit auch der jahrelangen Arbeit der vielen Social Impact-Akteur:innen Rechnung, die sich jeden Tag mit Engagement und Inspiration unseren gesellschaftlichen Herausforderungen stellen.