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Start des Netzwerks Wissenschaft

Am 1. Dezember 2023 folgten 40 Mitglieder von wissenschaftlichen Einrichtungen der Einladung zum Online-Auftakt des „Netzwerks Wissenschaft“ der Plattform für Soziale Innovationen. Eingeladen hatte das „Team Wissenschaft“ der Plattform, das von der Sozialforschungsstelle der Technischen Universität Dortmund gestellt wird.

Als Maßnahme der Nationalen Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen (SIGU) zielt die Plattform auf die Stärkung des deutschen Ökosystems von Sozialer Innovation. Das Team Wissenschaft richtet sich mit seinen Angeboten gezielt an wissenschaftliche Einrichtungen als wichtige Teile dieses Ökosystems. 

So lädt die Plattform ab Frühjahr 2024 regelmäßig zu Hot-Topic-Workshops mit Expert:innen aus dem In- und Ausland ein. Daneben erfolgt in verschiedenen Arbeitsgruppen die Bearbeitung von Schwerpunktthemen, die aus der (wissenschaftlichen) Community heraus entwickelt werden. Mit dem Spotlight Wissenschaft platziert die Plattform darüber hinaus Neuigkeiten aus der internationalen Forschung sowie zu neuen Publikationen und Projekten.  

Soziale Innovationen sind ein Gamechanger an Hochschulen. Sie werden dazu führen, dass es sich massiv ändert, wie in Hochschulen agiert wird. Zumindest dann, wenn sich die Hochschulen soziale Innovation auf die Fahnen schreiben oder sich zumindest des Themas annehmen.


(Dr. Isabel Roessler; Centrum für Hochschulentwicklung)

Die Auftaktveranstaltung zum Netzwerk Wissenschaft für Soziale Innovationen eröffnete Dr. Christoph Kaletka (Stellv. Direktor der Sozialforschungsstelle der TU Dortmund). Dabei begrüßte er nicht nur die zahlreichen Teilnehmenden aus Fakultäten, Transferzentren, Forschungsinstituten, Verwaltung und Hochschulentwicklung, sondern spannte auch den Bogen zur Innovationspolitik des letzten Jahrzehnts bis zum vorläufigen Höhepunkt, der Veröffentlichung der Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen der Bundesregierung. 

Mit der Auftaktveranstaltung konnten sich die Teilnehmenden sowohl mit dem Themenfeld Soziale Innovation generell und den Angeboten der Plattform im Speziellen vertraut machen. Außerdem bot die Veranstaltung den Teilnehmenden eine Gelegenheit auch miteinander und mit dem Team Wissenschaft ins Gespräch kommen. Nach Keynotes von Prof. Dr. Jürgen Howaldt (Direktor der Sozialforschungsstelle) und Dr. Isabel Roessler (Senior Projektmanagerin am Centrum für Hochschulentwicklung), die aus unterschiedlichen Perspektiven Einblicke in die Bedeutung sozialer Innovation für wissenschaftliche Einrichtungen gaben, aktuelle Entwicklungen skizzierten, internationale Beispiele lieferten und Forschungsergebnisse vorstellten, schloss Marthe Zirngiebl (Sozialforschungsstelle) mit einem Überblick über die Aktivitäten der Plattform für Mitglieder von wissenschaftlichen Einrichtungen an.

Bei Sozialer Innovation kommen viele Ideen eben nicht aus den Hochschulen, sondern entstehen in der Gesellschaft. Deshalb ist die Frage, wie wir diese Prozesse als Hochschulen und Forschungseinrichtungen vorantreiben können, zentral.


(Prof. Dr. Jürgen Howaldt, TU Dortmund, Sozialforschungsstelle Dortmund)

Danach sorgten moderierte Kleingruppengespräche zur Forschung, zur Lehre und zum Transfer für einen intensiven Austausch. Diese Dreiteilung folgte der traditionellen Unterscheidung der drei Missionen von Hochschulen in Aktivitäten der Forschung, der Lehre und der dritten Mission . Die dritte Mission umfasst den Transfer von Wissen oder Lösungen sowie alle gesellschaftsbezogenen Aktivitäten sowie die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung seitens der Hochschule. Die Gespräche begleiteten die Mitglieder des Teams Wissenschaft. Dr. Daniel Kruse von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde verstärkte das Team. Er bereicherte die Teilgruppe zur Lehre mit seiner Expertise aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Hochschulnetzwerk für Social Innovation und Social Entrepreneurship Education. 

Zentral für alle Diskussionsrunden waren zwei Fragen, wobei die Diskussion zur dritten Mission auf den Transfer zugespitzt wurde: 

  1. Welchen Beitrag können Forschung, Lehre und Transfer jeweils zur Entwicklung und Verbreitung Sozialer Innovationen leisten?
  2. Wie könnte das „Netzwerk Wissenschaft“ der Plattform für Soziale Innovationen gezielt die Entwicklungen in allen drei Hochschul-Missionen unterstützen? 

Die Diskussionsrunden hatten zum Ziel, konkrete Impulse für zukünftige Arbeitsgruppen, Hot-Topic-Workshops und Spotlights Wissenschaft zu sammeln. Das Plenum fasste die Ergebnisse abschließend zusammen.

1. Welchen Beitrag können Forschung, Lehre und Transfer jeweils zur Entwicklung und Verbreitung Sozialer Innovationen leisten?

Der Schwerpunkt der Statements in der Teilgruppe „Forschung“ bezog sich einerseits auf konzeptionelle Themen. So machten die Teilnehmenden deutlich, dass die Besonderheit sozialer Innovation im Verhältnis zum allgemeineren Innovationsbegriff zu präzisieren sei. Auch die Besonderheit des partizipativen Forschungsmodus und die damit verbundenen strukturellen Erfordernisse wie Zentren für Soziale Innovationen wurden diskutiert. Themen rund um die Wirkung von Sozialen Innovationen (Abschätzung der Richtung und Folgen, Diffusionsmerkmale, Messung) wurden ebenfalls als für die weiteren Debatten wichtig hervorgehoben – auch unter der Perspektive, dass Wirkung im Rahmen der Plattform wie auch der wissenschaftlichen SI-Debatte allgemein eine zunehmend zentrale Rolle spielt. Inhaltlich regte die Gruppe an, den Zusammenhang von Sozialen Innovationen zum Thema Nachhaltigkeit zu stärken und gleichzeitig die Konzepte Soziale Innovation und Social Entrepreneurship auseinanderzuhalten. 

Was heißt es eigentlich den Fokus darauf zu richten, wie wir zu sozialer Innovation forschen? […] Was heißt es, interdisziplinäres Arbeiten anzuregen? […] Brauchen wir andere Formen für Ausschreibungen für soziale Innovation?

Die Diskussion in der Teilgruppe zur Lehre konzentrierte sich auf die Brückenfunktion von Lehre. Lehre trägt aktuelle Forschung zu Sozialen Innovationen in verschiedene Studienprogramme, bringt Studierenden diese näher, welche neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die (Berufs-) Praxis tragen. Genauso generieren im Bereich der Sozialen Innovationen Studierende mit weiteren Stakeholdern Wissen in co-kreativ angelegten Studierendenprojekten. In Rückgriff auf Jürgen Howaldts Erläuterung, Soziale Innovationen entstünden aus Ideen der Gesellschaft, waren sich die Teilnehmenden des Breakouts „Lehre“ einig: Entsprechende Lehrformate sind zwingend nötig. Sie sollen die Entstehung und Erprobung von Sozialen Innovationen am praktischen Beispiel lehren und fördern. Dabei geht es häufig zunächst darum, das Bewusstsein für gesellschaftlich relevante Fragestellungen zu schärfen. Prädestiniert sind hier insbesondere interdisziplinäre, innovative Lehrformate wie projektbasiertes Lernen. Diese Formen der Lehre stehen jedoch häufig vor der Herausforderung verschiedenen Modulhandbüchern und Prüfungsordnungen gerecht werden zu müssen. Außerdem müssen sie häufig Vertreter:innen der sogenannten „harten“ Wissenschaften von ihrem Beitrag zu Sozialen Innovationen überzeugen. Diese Integration profitiert dabei von innovativen, verbindenden Methoden (z.B. Design Thinking) einerseits und motivierten Einzelpersonen sowie Leuchtturmaktivitäten anderseits. 

Lehre ist das Bindeglied zu den beiden anderen Missionen. Erkenntnisse aus der Forschung werden in die Lehre gebracht und […] ein Mindset für soziale Innovationen wird geschaffen.

Die Teilgruppe „Transfer“ bemerkte, dass die dritte Mission von wissenschaftlichen Einrichtungen längst nicht mehr nur den Transfer von Wissen und Lösungen aus der Wissenschaft in die Gesellschaft umfasst. Gerade im Kontext Sozialer Innovation stünden viel mehr gemeinsame, partizipative Bestrebungen im Rahmen von Co-Creation als Kollaboration mit multiplen (also vielfältigen) Perspektiven im Vordergrund. Wissenschaftliche Einrichtungen nehmen demnach längst eine Aufgabe im Dialog mit ihrer Umwelt und als Teil der Gesellschaft wahr. Transfer könne daher nicht mehr als Einbahnstraße gedacht werden. Neue Konzepte seien längst Realität. Auch sei hervorzuheben, dass die Idee des Transfers oft auf die Logik der Entwicklung und Umsetzung eines Geschäftsmodells zurückgehe, die oft mit dem Ziel eine Ausgründung verbunden sei. Soziale Innovation umfasse jedoch sehr viel mehr als die Gründung und Entwicklung einer sozial-innovativen Organisation (z.B. eines Sozialunternehmens). Stattdessen ziele sie auf die Herausbildung neuer Praktiken ab, beispielsweise im Mobilitätssektor, wie bei einer Verbreitung der Nutzung von Carsharing oder Bikesharing. Sozialunternehmen stellen demnach nur einen Ansatz dar, wie Soziale Innovationen in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen und im Rahmen kreativer Austauschformate entstünden. 

Es geht um Kollaboration mit multiplen Perspektiven, […] Trans- und Interdisziplinarität stehen im Vordergrund.

2. Wie könnte das „Netzwerk Wissenschaft“ der Plattform für Soziale Innovationen gezielt die Entwicklungen in allen drei Hochschul-Missionen unterstützen? 

Zur zweiten Frage trugen die Gruppen eine Fülle thematischer Interessen zusammen und erarbeiteten eine umfangreiche Grundlage für die zukünftigen Aktivitäten des Netzwerks. In der Gruppendiskussion zur Forschung wünschten sich die Teilnehmenden, die interdisziplinäre Arbeit möglichst breit anzulegen und auch bestehende außeruniversitäre Initiativen (beispielsweise die europäisch verankerte European School of Social Innovation, ESSI) und europäische Perspektiven sowie internationale Erfahrungen zu berücksichtigen und in die deutsche Diskussion einzubinden. Die Teilnehmenden regten an, als Forum für einen dementsprechenden Expert:innenaustausch zu fungieren. Zudem betonten sie, dass Hochschulen und Forschungseinrichtungen sich mehr mit gesellschaftlichen Herausforderungen und Werten auseinandersetzen müssten. Auch sahen die Teilnehmenden einen Mangel an etablierten Indikatoren zur Messung von Sozialen Innovationen und deren Wirkung . Sehr deutlich wurde der Wunsch artikuliert, auf bestehende Strukturen der Forschungsförderung und -politik bis hin zu Promotionskriterien und Programmgestaltung Einfluss nehmen zu wollen. Ein Ansatzpunkt könnte sein, die Erfahrungen der Teilnehmenden mit der Beantragung von Fördermitteln einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.

Der Wunsch an die Plattform für Soziale Innovationen in Bezug auf die Lehre zu Sozialen Innovationen war es, den Austausch von Erfahrungen, Blaupausen und guten Praktiken für Lehr- und Transferformate über verschiedene Disziplinen hinweg zu ermöglichen. Lehrformate mit einem Fokus auf die Vermittlung und Entwicklung von Sozialen Innovationen involvieren häufig Vertreter:innen verschiedener Forschungsgebiete und außeruniversitärer Organisationen, benötigen somit mitunter neue Methoden und müssen zunächst vermehrt Überzeugungsarbeit leisten. Der Eindruck der Teilnehmer:innen hier ist, dass die Hochschulen im Austausch vieles voneinander und insbesondere von Leuchtturmprojekten und -initiativen lernen und diese Erfahrungen gemeinsam weiterentwickeln können. Insbesondere im Bereich der Lehre sollte die Plattform das Momentum der laufenden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekte im Rahmen der Gesellschaft der Innovationen nutzen. So könnten sie u.a. direkt an das SISEE-Netzwerk anknüpfen, das den Austausch der einzelnen Lehrprojekte des Förderprogramms begleitet.

Die Wünsche an zukünftige Plattformaktivitäten zielten in Hinblick auf die dritte  Mission nicht nur auf die Wissensproduktion für den Transfer von neuen Erkenntnissen und Geschäftsmodellen in die Gesellschaft. Vielmehr wünschten sich die Teilnehmenden auch den Austausch zur politischen Arbeit und zur Einbindung der Zivilgesellschaft. Interdisziplinarität und Transdisziplinarität wurden mit den Anregungen großgeschrieben und zugleich wurde deutlich gemacht, dass alle Ebenen von Mitgliedern wissenschaftlicher Einrichtungen angesprochen werden müssen: von den Studierenden über das wissenschaftliche Personal bis hin zur Organisationsentwicklung, der Verwaltung und denjenigen, die sich an Transferzentren und –stellen mit der Praxis Sozialer Innovation befassen. Nicht zuletzt bekräftigten die Teilnehmenden aber auch den Wunsch nach Informationsangeboten, wie sie mit dem Glossar, dem Spotlight Wissenschaft und der entstehenden Sammlung von Praxisbeispielen bereits im Fokus stehen: Akademisches Hintergrundwissen, Forschungsstände und Erfahrungen aus der bisherigen Arbeit mit dem Thema Sozialer Innovation waren Teil der geäußerten Wünsche.

Christoph Kaletka schloss die Veranstaltung mit einem Ausblick, in dem er bereits erste Arbeitsgruppentreffen sowie den ersten Hot-Topic-Workshop für Frühjahr 2024 und eine große Tagung für Herbst 2024 in Aussicht stellte. Über aktuelle Entwicklungen und Angebote des Netzwerks informiert die Plattform für Soziale Innovationen hier.

1. Vortrag Prof. Dr. Jürgen Howaldt

2. Vortrag Dr. Isabel Roessler

3. Vorstellung Plattform für Soziale Innovationen / Wissenschaft

4. Vorstellung Arbeitsergebnisse aus den Breakouts

Netzwerk Wissenschaft: Auftaktsveranstaltung der Plattform für Soziale Innovationen
Netzwerk Wissenschaft: Auftaktsveranstaltung der Plattform für Soziale Innovationen
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